Der Verlauf der Flutkatastrophe
Erlebnisbericht Familie Krischok
Green
Januar 2022
Lisa und Michael Krischok
Lisa und Michael Krischok berichten von der Flut:
Die Flut kam sehr plötzlich - keine konkreten Warnungen und auch keine Vorahnung, was tatsächlich auf uns zukommen sollte.
Nur die Ahr war erstmals über die Umgehungsstraße B266 samt ihrer hohen Schallschutzmauern hinweg zu hören. Sie hat regelrecht zu uns rüber gebrüllt, als wollte sie uns warnen:
Bringt Euch in Sicherheit!
Zusammen mit anderen Anwohnern liefen wir immer wieder zum Mühlenteich, um dessen Wasserstand zu beobachten. Als ein „Überlaufen“ zu erwarten war, haben wir bei Nachbarn geklingelt, sie teils aus dem Schlaf herausgerissen:
Das Wasser kommt gleich!
Fahrt besser mal eure Autos weg!
An Gefahr für Leib und Leben hatten wir damals gar nicht gedacht.
Unser Auto wegzubringen habe ich auch versucht, nach ca. 50 Metern kam aber plötzlich die erste Flutwelle. Gerade erst zu Hause losgefahren, war im Licht der Scheinwerfer vor dem Auto auf einmal eine Bugwelle, wie vor einem Schiff, zu sehen. Zurück nach Hause habe ich es nicht mehr geschafft, hatte aber das Glück, vom Nachbarn gegenüber aus dem Wasser gezogen zu werden.
Von da an musste ich recht hilflos zusehen, wie das Wasser sich über unser Grundstück in das Haus fraß. Meine Frau und unsere 3 Hunde waren dort im Obergeschoss gefangen und wir konnten uns nur durch Zuwinken verständigen – selbst direkt gegenüberliegend, mit weniger als 10 Metern Abstand zwischen uns war das Rauschen der Flut so laut, dass wir unsere gegenseitigen Zurufe nicht hören konnten.
Schon mittags nach der schlimmen Flutnacht wurden wir von nicht betroffenen und lieben Bürgern mit Getränken und belegten Brötchen versorgt. Sie kamen spontan in Gummistiefeln mit Bollerwagen durch den noch knöchelhohen Schlamm gestapft, um uns zu helfen.
Der komplette Ortsteil Green mit Mühlenstraße, Ernst-Thrasolt-Straße und Nikolaus-Bahles-Straße ist mit sämtlichen Gebäuden einschließlich der historischen Mühle von der Flut betroffen. Die Einwohnerzahl ist seitdem von etwa 100 auf ungefähr 70 zurück gegangen. Viele zogen einfach weg. Glücklicherweise sind wir aber alle wohlauf und insbesondere hat der Ortsteil Green keine Todesopfer zu beklagen. In einer sehr nahen Heimersheimer Parallelstraße ist es leider nicht so gut ausgegangen, wie auch in anderen Ortschaften des Flutgebietes.
Ein weiteres Opfer der schlimmen Flut ist die alte „Pferdebrücke“, die einst die Ortsteile Green und Lohrsdorf miteinander verbunden hat. Die Eisenfachwerkbrücke konnte den Wassermassen nicht standhalten und wurde von der Flut weggerissen. Reste von ihr lagen als trauriges Metallknäuel lange Zeit die Ahr abwärts auf der Höhe von Bad Bodendorf.