I.
Gutenberg-Bibeln in Mainz
as Gutenberg-Museum besitzt zwei Gutenberg-Bibeln, die erst im Laufe des 20. Jahrhunderts angekauft wurden. Obwohl Johannes Gutenberg die Bibel in Mainz druckte, war seit dem Ende des 18. Jahrhunderts in der Bischofsstadt kein Exemplar mehr vorhanden. Diese wurden verkauft oder während der französischen Besatzungszeit entwendet. Auch das 1901 gegründete Gutenberg-Museum konnte in den ersten Präsentationen nur auf Leihgaben zurückgreifen.
Das Solms-Laubach-Exemplar (Bd. 2) wurde durch das Museum im Jahr 1925 von der Familie Solms-Laubach erworben. Möglicherweise stammt die Bibel aus dem Zisterzienserkloster Arensburg, deren erster Band im Laufe des 19. Jahrhunderts verloren ging. Der zweite Band war Teil der Schlossbibliothek Laubach. Für das Gutenberg-Museum sowie für die Stadt war der Erwerb eine große Freude, da ein Exemplar der Bibel am eigentlichen Druckort in Mainz zurückkehrte.
Das Shuckburgh-Exemplar kam 1978 ins Gutenberg-Museum. Diese fast vollständige zweibändige Inkunabel taucht erstmals im Auktionskatalog von Sotheby’s am Ende des 18. Jahrhunderts auf. Der Namensgebende Besitzer Graf Shuckburgh aus England übergab die Bibel an seine einzige Tochter, die nach der Eheschließung ihren Namen änderte. Auch wenn die Bibel immer in derselben Familie blieb, verlor sich in der Forschung ihre Spur. Erst 1951 wurde der Besitz wieder bekannt, als die Nachfahren von Graf Shuckburgh die Bände zum Verkauf anboten. Nach mehreren Stationen in den USA verkaufte der renommierte Antiquar Hans Peter Kraus in New York das Exemplar an das Gutenberg-Museum in Mainz.
Gutenberg-Bibel, Shuckburg-Exemplar, Bd. 1, Fol. 5v, Gutenberg-Museum Mainz, Inv. 129,1.
II.
Gutenberg-Bibeln weltweit
Nur wenig ist über den Druck der Gutenberg-Bibel gesichert. Der Druck der Bibel wurde in Mainz vor 1454 in der Druckwerkstatt von Johannes Gutenberg und Johannes Fust fertiggestellt.
Von etwa 180 gedruckten Exemplaren sind heute nur 49 erhalten. Die wenigsten davon sind vollständig.
III.
Erfindung(en) Gutenbergs
or der Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern durch Gutenberg wurden Bücher maßgeblich über Abschriften verbreitet. Gutenbergs Erfindung, genauer: die Erfindung eines Druckprozesses bestehend aus mehreren Schritten und Gerätschaften, war einfach und zugleich effizient.
Auch wenn der Holzschnitt von Abraham von Werdt etwa 200 Jahre nach dem Tod Gutenbergs entstand, veranschaulicht er mehrere Schritte des Druckprozesses und damit die Erfindungen Gutenbergs.
Abraham von Werdt, Buchdruckwerkstatt, Holzschnitt, 1676, Gutenberg-Museum, Inv. Nr. GM GS 2017.79.
IV.
Drei Stufen bis zur Vollendung
ur der schwarze Text wurde in der Werkstatt von Gutenberg gedruckt und in dieser Form zum Kauf angeboten. Die Käufer der Textbogen ließen sie dann nach individuellen Bedürfnissen und Wünschen ausstatten. Sie suchten Werkstätten von Rubrikatoren auf, die rote Textstellen ergänzten.
Ein weiterer Arbeitsschritt erfolgte durch die Illuminatoren, die farbige, teils aufwendig gestaltete Initialen einfügten. Schließlich kamen die losen Buchlagen in die Werkstatt des Buchbinders.
Druck, Rubrizierung, Illumination
I. Ein abgeschlossener Druck aus der Werkstatt Gutenbergs enthielt nur den schwarzen Text.
II. Die roten Textstellen wurden beim Druck ausgespart und von den Rubrikatoren händisch eingefügt. Sie dienen dazu, den Beginn eines Kapitels oder Unterkapitels hervorheben.
III. Die Illuminatoren übernahmen den farbigen Buchschmuck.
Über eine digitale Fotomontage lässt sich der Zustand der drei Phasen erahnen.
Gutenberg-Bibel, Solms-Laubach-Exemplar, Bd. 2, Fol. 308v, Gutenberg-Museum Mainz, GM-Ink 130.
V.
Gegenüberstellung
Die gleiche Doppelseite des Shuckburgh-Exemplar (links) und Solms-Laubach-Exemplar (rechts) im Vergleich
Shuckburgh-Exemplar und Solms-Laubach-Exemplar, jeweils Bd. 2, Fol. 308v, Gutenberg-Museum Mainz.
as Shuckburgh-Exemplar ist mit zurückhaltendem Buchschmuck und schlichten Initialen in Rot und Blau ausgestattet. Bei den Initialen auf den letzten Seiten kommt ein Grünton hinzu.
In diesem Exemplar steht der glanzvoll gedruckte Text im Vordergrund. Das Solms-Laubach-Exemplar zeichnet sich durch den reichen Buchschmuck in Rot, Blau und Grün mit teils vergoldeten Initialen aus.
VI.
Einbände
1789 ließ Graf Shuckburgh in London seine Bibel mit rotem Maroquinleder und aufwendigem Marmorpapier neu binden.
Der Holzdeckeleinband des Solms-Laubach-Exemplars kam bald nach dem Druck in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts hinzu. Die feinen Blumen-, Stern- und Rautenmuster wurden vom Buchbinder mit einem Prägewerkzeug in Leder angebracht.
VII.
Eine Bibelseite im Blick
Gutenberg-Bibel, Solms-Laubach-Exemplar, Bd. 2, Fol. 279r, Gutenberg-Museum Mainz, GM-Ink 130.
eim Aufbau einer Seite orientierte sich Gutenberg an Handschriften. Der Text ist wie dort ebenfalls in zwei Spalten gegliedert. Im Druck fehlen Absätze. Die Textgliederung wird durch Initialen und rote Textstellen vorgenommen.
Die Bibel hat kein Titelblatt. Nirgends ist der Druckort Mainz oder das Entstehungsdatum, um 1454, angegeben. Auch der Druckername fehlt.
VIII.
Digitalisierung
ie digitalisierten Gutenberg-Bibeln können online geblättert werden. An der Digitalisierung von den drei besonderen Bänden des Gutenberg-Museums waren mehrere Kooperationspartner beteiligt:
Die herausragenden Digitalisate wurden auf dem Buchscanner „Cobra“ der Firma Microbox aus Bad Nauheim angefertigt. Die Firma hat den Scanprozess durch die Mitarbeiter:innen des Gutenberg-Museums eng begleitet.
Eine maßgebliche Unterstützung erhielt das Gutenberg-Museum ebenfalls durch Kolleg:innen des Servicezentrums für Digitaliserung und Fotodokumentation der Abteilung Digitale Bibliotheksdienste in der Universitätsbibliothek Mainz (Johannes Gutenberg-Universität Mainz). Durch diese wurden die Digitalisate schließlich im Onlineportal der Universität „Gutenberg Capture“ bereitgestellt. Hier sind sie für alle Interessierten frei zugänglich.
Das OCR-Programm wurde eigens für die Inkunabeln durch ein wissenschaftliches Team um Jun.-Prof. Nikolaus Weichselbaumer der Buchwissenschaft der Universität Mainz entwickelt.
Ausstellung: Dr. Nino Nanobashvili gemeinsam mit Ulla Reske und Esther Klippel, Gutenberg-Museum Mainz
Gestaltung: SCHUMACHER Brand + Interaction Design GmbH