Versorgungszelt und Baustoffzelt in Walporzheim
Georg Sebastian
(Ortsvorsteher von Walporzheim)
Landwirte, freiwillige Helfende, Freunde und Verwandte, halfen nach der Flut den Schlamm wegzuschaufeln und den zu Müll gewordenen Hausrat aus den Wohnungen zu entsorgen.
Holger Schneider stellte seinen Grill auf, auch andere Nachbarn räumten ihre Kühltruhen leer und kurz darauf fanden sich viele Flutbetroffene ein, um das leckere Essen vom Grill einzunehmen. Später brachten Helfende aus dem Westerwald einen Imbissstand. Von einer Spende, die Schneider als Flutbetroffener von den Maltesern erhalten hatte, kaufte er Geschirr und Besteck. Gemeinsam mit Daniel Briel unterstützte er den Aufbau der ersten Versorgungsstelle am alten Bahnhof. Dank der Kontakte zu Feuerwehr, Bundeswehr und zur Event-Branche besorgten die beiden mobile Toiletten und Duschcontainer.
Bald wurde das Gelände für das Versorgungszelt zu klein und eine neue Lösung musste her. Auf dem privaten Parkplatz des Restaurants „Sanct Peter“ in der Ortsmitte stellte man ein Versorgungszelt auf. Helfende aus ganz Deutschland bildeten das Küchenteam, das täglich neue Lebensmittelspenden erhielt und daraus leckere Speisen für die Bevölkerung von Walporzheim und die Helfenden zauberte. Auch Flutbetroffene aus Ahrweiler versorgten sich dort mit Essen und die Bevölkerung in den abgelegenen Orten Laach und Reimerzhoven wurde von dort mit Mahlzeiten unterstützt.
Als der Winter nahte, musste ein neuer Standort gefunden und ein winterfestes Zelt besorgt werden. Der Malteser Hilfsdienst und freiwillige Helfende setzten den Umzug ins neue Quartier auf dem „Parkplatz der Sebastianusklause“ um, ein Gelände, das Bert Knieps zur Verfügung stellte. Toiletten- und Dusch-Container kamen hinzu.
Im April 2022 genehmigte die Stadtverwaltung den Betrieb des Zeltes als Begegnungsstätte; die Malteser sagten ihre weitere Unterstützung zu. Der Verein „Unser Walporzheim e.V.“, vertreten durch Klaus Beu, Holger Schneider und Georg Gilles, fungierte als Ansprechpartner vor Ort und stellte verschiedenste Angebote für die Bevölkerung zur Verfügung. Das Zelt blieb lange der „Dorftreff“.
„Baustoffzelt Kaiser“ und „Wilhelmshafen“
Seit dem ersten Tag nach der Flut nutzte der Fuldaer Unternehmer Wilhelm Hartmann seine Kontakte. Er koordinierte, organisierte, begeisterte andere Menschen und befeuerte damit die Spendenbereitschaft für Baustoffe und Handwerkszeug. Aber wohin damit? Alles war zerstört und es gab keine Lagerhallen. Ortsvorsteher Gregor Sebastian schlug für die Errichtung eines „Baustoffzeltes“ das Gelände des Sportvereins Walporzheim vor, von dem die Flut alles, was dort einmal gestanden hatte, weggespült hatte. Schnell kam die Idee auf, aus dem Spendenlager eine Ausgabe für Baustoffspenden zu machen. Just in diesem Moment sprach ein stattlicher Mann mit wuchtigem Bart Hartmann an: "Ich bin der Kaiser und habe Zeit. Wo kann ich helfen?" So wurde der Bochumer mit dem adeligen Spitznamen mit dem Aufbau und der Verwaltung des Baustoffzeltes beauftragt, das den Namen "Baustoffzelt Kaiser" bekam.
Wo konnten die freiwilligen Handwerkenden übernachten? Wilhelm Hartmann hatte eine Idee: „Wir bauen ein Containerdorf.“ So wurden 100 Betten in warmen Containern untergebracht, für die Gemeinschaft ausreichend Duschen, Bäder und Toiletten eingerichtet, Waschmaschinen aufgestellt und ein Trockenraum eingerichtet. Dieses „Dorf“ erhielt später den Namen „Wilhelmshafen“.
Täglich versorgten sich ca. 120 Flutbetroffene mit Baumaterial-Spenden. Einzigartig war die Ausgabe der auf Leihbasis zur Verfügung gestellten Maschinen. Die ersten Betroffenen kamen bald, um sich mit dem Nötigsten für den Wiederaufbau ihrer Häuser einzudecken. Alle von der Flut Betroffenen, die keinen hundertprozentigen Versicherungsschutz hatten und dies mit einer behördlichen Bescheinigung nachwiesen, durften sich im täglich geöffneten Baustoffzelt eindecken oder Maschinen und andere Gerätschaften ausleihen. Durch den Verleih von über 2.500 Maschinen konnten Betroffene und freiwillige Helfende das Nötigste selbst herstellen.
Ebenso wurde am Sportheim von Walporzheim eine Werkstatt eingerichtet, um Autos und Motorroller zu reparieren. Die Traktoren der Winzer:innen, die im Schlamm gestanden hatten, wurden dort wieder instandgesetzt. Freischneider, Rasenmäher, Kettensägen usw. wurden in der Werkstatt abgegeben und mit Nummern versehen. Maschinen wurden gereinigt und wieder zum Laufen gebracht. Eine riesige Hilfe und Freude für viele Winzer:innen und Gartenliebhabende.
Elektriker:innen aus ganz Deutschland ließen sich in Walporzheim nieder. So wurde die Idee geboren, eine „Elektroseelsorge-Station“ einzurichten, in der man alle von der Flut beschädigten Elektrogeräte reparieren lassen konnte. Für das Lagern gespendeter Kabel, Schalter, Sicherungen und Lampen mieteten Helfende zusätzliche Container, die sie neben dem Sportheim auf- und nebeneinander stellten. Und fertig war die Werkstatt, in der unversicherte Bürger:innen aus dem Ahrtal für den Wiederaufbau ihrer Wohnungen und Häuser benötigte Materialien holen konnten.
Als die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord (SGD Nord) das Gelände als hochwassergefährdet auswies, zogen das „Baustoffzelt Kaiser“ und das Containerdorf „Wilhelmshafen“ nach Grafschaft um. In der Bevölkerung bedauerte man dies wegen zahlreicher entstandener Freundschaften.
Insgesamt sind alle Walporzheimer den freiwilligen Helfenden für ihre enorme Unterstützung dankbar. Ohne diese Hilfe hätten die Flutbetroffenen nicht durchgehalten und das Zerstörte nicht wieder aufgebaut. Danke. Danke.