Objekt

Schulhaus aus Würrich

Das ehemalige Schulhaus aus Würrich wurde 1996 von Mitarbeitern des Freilichtmuseums an seinem Standort in Würrich (Rhein-Hunsrück-Kreis) abgebaut und wird zur Zeit im Hunsrückweiler des Museums wieder aufgebaut. Am 14. Mai 2000 konnte das Richtfest gefeiert werden. Danach diente das Haus zur Demonstration des Fachwerkbaus und für entsprechende Schulklassenprojekte. Die für Schulklassen zu gefährlichen Arbeiten in den oberen Stockwerken wurden 2007 durch Museumsmitarbeiter und Fachfirmen durchgeführt und das Haus 2008 ausgestattet und für das Publikum geöffnet. Da es keine Bilder oder genaue Beschreibungen vom Aussehen von Schulräumen im späten 17. Jahrhundert gibt, war es nicht möglich, einen Schulraum aus dieser Zeit zu rekonstruieren. Im Untergeschoss befindet sich eine Ausstellung zum Thema Schule, im Obergeschoss eine Ausstellung zum Thema "Konservierung von Lebensmitteln". Aus der Chronik von Belg und Würrich, die Herr Willy Wagner zusammengestellt und 1996 veröffentlicht hat, geht hervor, dass es in Würrich wahrscheinlich schon um 1700 eine Schule gegeben hat. Das Datum der Schulgründung ist nicht gesichert, aber es gibt einen guten Anhaltspunkt: aus den 30er Jahren des 18. Jahrhunderts ist ein Rechenbuch erhalten, das ein Würricher Lehrer geschrieben hat. Ein solches Buch dürfte mit Sicherheit nicht gerade in den Anfangsjahren einer neugegründeten Elementarschule geschrieben worden sein, so daß man davon ausgehen kann, daß die Schule zu diesem Zeitpunkt bereits einige Zeit bestanden hatte. Einen weiteren Hinweis liefert das Alter des Gebäudes selbst. Beim Abbau des Schulhauses wurden vom Dendrolabor Dr. Sibylle Bauer in Trier einige Holzproben geborgen, von denen sieben analysiert werden konnten. Sie dokumentieren drei verschiedene Bauetappen des Schulhauses. Der älteste Teil des Hauses ist das Erdgeschoß des Wohnteils - auf dem unteren Foto der rechte Gebäudeteil einschließlich der Haustür. Das Holz des Fachwerks wurde im Frühjahr 1680 geschlagen und grün verbaut, wie es damals üblich war. Wenn man davon ausgeht, daß das Gebäude von Anfang an als Schule vorgesehen war, läßt sich also die Schulgründung auf die 80er Jahre des 17. Jahrhunderts datieren. Die Schule war ursprünglich ein einstöckiges Gebäude, das gleichzeitig als Lehrerwohnung diente. Generell waren zu dieser Zeit im Hunsrück noch keine zweistöckigen Häuser zu finden. Der Grundriß des Gebäudes weicht von dem auf dem Vorderen Hunsrück weit verbreiteten Schema ab. Während der Hausgang normalerweise auf die Küche zuläuft, befindet sich dort in diesem Falle die Stube der Lehrerfamilie, die bis ins Jahr 1840 gleichzeitig die Schulstube war. Im Jahr 1836 wurden hier auf einer Fläche von gut 25 Quadratmetern siebzig Kinder der Dörfer Würrich, Belg und Altlay unterrichtet. Die Erweiterung auf seinen jetzigen Umfang erfuhr das Haus im 18. Jahrhundert, wie der Urkataster von 1830 belegt. Die dendrochronologische Analyse ergab, daß das Holz des ersten Stocks des Wohnteils 1760 im Winter geschlagen und wiederum saftfrisch, also im folgenden Frühjahr, verbaut wurde. Die Lehrerwohnung wurde durch die Erweiterung um Kammern im ersten Stock und einen Schüttboden unter dem Dach vergrößert, zusätzlich erhielt das Haus einen Wirtschaftsteil - auf dem unteren Foto der linke Teil des Gebäudes mit der Toreinfahrt. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Unterricht aber weiter in der Stube des Lehrers abgehalten. Erst als dies aufgrund der steigenden Schülerzahlen nicht mehr praktikabel war - 1840 berichtete der damalige Schulmeister, daß er 70 Schüler in dem kleinen Raum zu unterrichten habe - wurde ein neuer Schulraum gebaut und das alte Schulhaus diente von da an ausschließlich als Lehrerwohnung. Aus dieser Zeit ist durch die dendrochronologische Analyse ein größerer Umbau dokumentiert: das Holz der Bundwand zwischen Stall und Scheune wurde im Jahr 1860 nach der Vegetationsphase geschlagen und im Frühjahr 1861 verbaut. Dabei war der Bauzustand des Gebäudes immer wieder recht schlecht, wie durch verschiedene Dokumente belegt ist, die bis in das Jahr 1822 zurückreichen - seit diesem Zeitpunkt wurden die Gemeindeakten im Staatsarchiv in Koblenz aufbewahrt. Schließlich wurde das Haus verkauft und war noch bis etwa 1950 bewohnt. Danach stand es über vierzig Jahre leer. Schon 1977 hatte es der Gründer unseres Museums, Prof. Rolf Robischon, fotografiert und für die Umsetzung ins Freilichtmuseum vorgesehen. Am alten Standort war das Fachwerkhaus zuletzt vollständig mit Schiefer verkleidet. Im Museum soll das Haus jedoch so wieder aufgebaut werden, wie es sich um 1830 präsentierte. Während in der Ausstellung im Hauptgebäude des Roscheider Hofes ein Klassenzimmer aus der Zeit vor etwa hundert Jahren zu besichtigen ist, soll hier im Würricher Schulhaus zu sehen sein, wie vor mehr als 170 Jahren in unserer Gegend Schule gehalten wurde.

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