Der Verlauf der Flutkatastrophe
Erlebnisbericht A. Simons / R. Reuter
Dümpelfeld
Dezember 2022
Anton Simons
Anton Simons sprach mit Ortsbürgermeister Robert Reuter:
„Zum Glück wurde in unserer Gemeinde beim Hochwasser im Juli 2021 niemand schwer verletzt oder getötet“ fasst Robert Reuter, Ortsbürgermeister von Dümpelfeld, zusammen. In den Ortsteilen Dümpelfeld, Niederadenau und Lückenbach richtete die Flut dennoch gewaltige Schäden an. Eine Familie musste nach der Flut ihr Haus verlassen, um es zu sanieren und bald wieder einzuziehen. Hausabrisse gab es im Tal des Adenauer Bachs nicht. Das lag vor allem daran, dass im Einzugsgebiet des Adenauer Bachs, anders als in den Einzugsgebieten von Trier-, Sahr- und Vischelbach vergleichsweise wenig Regen fiel. Beim Hochwasser vom 12./13. Juni 1910 war der Adenauer Bach einer der Hauptzubringer der Ahr; 2021 hingegen war die Menge des Wassers, das er in seinen Mündungsfluss transportierte, etwas geringer. Dass es die Orte zwischen Adenau und Dümpelfeld nicht schlimmer traf, führt Reuter aber auch auf ein Regenrückhaltebecken zurück. Dieses wurde 1988 im Exbachtal, wenige Meter neben dem Nürburgring-Streckenabschnitt Ex-Mühle gebaut, um das Gewerbegebiet „Im Broel“ vor möglichen Exbach-Hochwassern zu schützen.
In Dümpelfeld richteten die Ahr und der Adenauer Bach im Jahr 2021 große Schäden an. Dass es Dümpelfeld nicht noch schlimmer getroffen hat, verdankt es aber auch den beiden noch bestehenden Dämmen, über die früher die Eisenbahnlinien in Richtung Adenau und weiter ahraufwärts verliefen, die sich im Gleisdreieck Dümpelfeld trafen.
Der Adenauer Bach
Der knapp 16 Kilometer lange Adenauer Bach, einer der größeren Bäche, die in den Oberlauf der Ahr münden und der in seinem eigenen Oberlauf „Breidscheider Bach“ heißt, entspringt etwa einen Kilometer südlich vom Quiddelbach auf einer Höhe von 533 Metern über dem Meeresspiegel. Von dort fließt er nach Nordosten bis zum Adenauer Stadtteil Breidscheid. Erst von dort an wird er „Adenauer Bach“ genannt.
Niederadenau
Die Bundesstraße 257 und die St.-Maria-Magdalena-Kapelle in Niederadenau wurden vom Adenauer Bach, der unterhalb von Leimbach die Grenze zur Gemeinde Dümpelfeld überquert, verschont. Das Gemeindehaus von Niederadenau, das 25 Meter westlich des Adenauer Baches steht, wurde bis in eine Höhe von 30 Zentimetern geflutet und deshalb in den nachfolgenden Monaten entkernt und saniert. Der Spielplatz nördlich der Halle wurde lediglich verschlammt.
Bahnhofstraße
Die Gebäude auf beiden Seiten der Bahnhofstraße, darunter das ehemalige Bahnhofsgebäude, das Gemeindehaus „DüNaLü“ und das Feuerwehrgerätehaus, das mit dem „DüNaLü“ eine Einheit bildet, waren vom Hochwasser nicht betroffen. Dabei fließt der Adenauer Bach weniger als 100 Meter entfernt östlich parallel zu dieser 650 Meter langen Straße, die er jedoch nicht erreichte, weil sie vom ehemaligen Bahndamm geschützt wurde.
Die Hauptstraße
Probleme gab es erst am unteren Ende der Bahnhofstraße, wo der Adenauer Bach die Hauptstraße L 73 unterquert. Totholz und anderes Treibgut verklausten eine Brücke. Als Konsequenz folgte ein Rückstau, der den Keller des normalerweise 30 Meter vom Adenauer Bach entfernt stehenden Gasthauses Strohe komplett und das Erdgeschoss immerhin noch bis zu 40 Zentimetern flutete.
Wasser kam vom Hang
Die Situation wurde von Sturzbächen verschärft, die sich an den Steilhängen an der Südostflanke von Dümpelfeld bildeten und die neben Wasser aus den Wäldern im Bereich Hohe Acht/Kaltenborn/Kesseling auch Steine und Geröll mit sich führten. Weil die Kanalisation überfordert war und verstopfte, konnte dieses Wasser bald nicht mehr unterirdisch abfließen. Die B 257 wurde deshalb im Bereich der Bushaltestelle an der Einmündung der Hauptstraße komplett etwa einen halben Meter hoch überflutet und wegen eines Erdrutsches verschüttet. Als Präventionsmaßnahme wurden nach den Aufräumarbeiten zur Hangsicherung Drähte gespannt.
Die Ahrstraße
Am schlimmsten traf es in Dümpelfeld die Anlieger der Ahrstraße, obwohl auch diese Straße vom Bahndamm geschützt wird. Weil sich der Adenauer Bach, der in Höhe der Ahrstraße in die Ahr mündet, zurückstaute, wurde sie etwa zwei Meter überflutet, höher als jede andere Straße des Dorfes. Das Hochwasser schwoll dort derart schnell an, dass den Anwohnern nicht einmal genügend Zeit blieb, Fahrzeuge vor der Flut zu retten.
Die Mündungsbrücke
Die von der Dümpelfelder Dorfgemeinschaft einst in Eigenleistung gebaute Brücke, die in Höhe der Ahrstraße etwa zehn Meter oberhalb der Mündung des Adenauer Baches stand, wurde etwa 4,50 Meter tief unterspült und hielt dem Hochwasser nicht stand. Ihre 20 Tonnen schwere Grundplatte wurde aus ihrer Verankerung gerissen; vom Geländer wurden nur noch Fragmente gefunden.
Die Brücke an der Kläranlage
Ähnlich erging es der Brücke, die die Ahr überspannte und zur Kläranlage führte. Auch sie wurde vom Hochwasser zerstört und zunächst durch eine Behelfsbrücke ersetzt. Die Reste der nach dem Hochwasser von 1910 aus Beton gebauten und mit Naturstein verklinkerten Flussquerung wurden nach der Flut aus dem Flussbett geräumt.
Seit 1973 außer Dienst: Die Bahnbrücke
Über die Zukunft der 1912 in Betrieb gegangenen, mit dem Rückbau der Strecke im Jahr 1973 aber außer Dienst gestellten, ehemaligen Bahnbrücke, entbrannte nach der Flut ein heftiger Streit. Die Pfeiler dieser Gemeinde-Brücke, wurden unterspült. Laut Experten wäre eine Rettung möglich, aber sehr kostspielig; eine Million Euro, ein kompletter Jahreshaushalt wäre erforderlich. Ortsbürgermeister Reuter argumentierte, dass ein Abriss auch die kleinen, bei der Flut blockierten Steinbögen beseitigen würde, so dass künftige Hochwasser besser abfließen könnten und die Überflutungsgefahr für Dorf und Klärwerk verringert würden. Eine von Ariane Weigand, Sonja Spitzley und Doris Steilen gegründete Initiative machte sich dafür stark, dass die mit 15 Metern außergewöhnlich hohe Brücke trotzdem erhalten bleibt. Sie wäre nämlich eine der wenigen noch im Ahrtal existierenden Bruchsteinbrücken und trage wesentlich zum Landschaftsbild im Bereich des unterhalb von Dümpelfeld gelegenen Ahrbogens bei.
Die Kläranlage „Adenauer Bach“
Auch die Kläranlage „Adenauer Bach“, die sich nur 250 Meter von der Bachmündung entfernt auf der gegenüberliegenden Ahr-Seite befindet, kam glimpflich davon. Das Hochwasser züngelte dort lediglich bis ans Tor. Das hat die 1993 in Betrieb genommene Anlage dem ehemaligen Bahndamm zu verdanken, der schützend zwischen Kläranlage und Ahr verläuft. Der Durchbruch durch den Damm, der beim Bau der Anlage für die Zufahrt geschaffen wurde, erwies sich allerdings als Schwachstelle. Trotzdem: Schon eine Woche nach dem Hochwasser ging die Anlage auf dem gereinigten und mit Maschinen getrockneten Gelände wieder ans Netz. Die Verbandsgemeinde Adenau als Betreiberin und die Verbandsgemeinde Altenahr, deren Kläranlagen in Altenahr am Ausgang des Langfigtals und in Mayschoß durch die Flut komplett zerstört wurden, planen, die Abwässer von der ehemaligen Kläranlage Altenahr künftig ebenfalls in Dümpelfeld zu klären. Außerdem wurden Pläne entwickelt, auf dem Gelände des Dümpelfelder Klärwerks eine Biogasanlage zu bauen und mit der Kläranlage zu kombinieren.
Lückenbach
In dem zur Gemeinde Dümpelfeld gehörenden Ort Lückenbach gab es am 14. Juli 2021 Flutschäden. Die wurden aber nicht von der in mehr als 1,5 Kilometer entfernt fließenden Ahr angerichtet, sondern vom Namensgeber des Dörfchens, dem Lückenbach. Auch dieses östlich der Fatima-Kapelle auf der Höhe in Reifferscheid entspringende Bächlein nahm am 14. Juli 2021 Dimensionen an, die ihm niemand zugetraut hatte. Er ist zwar nur 5,6 Kilometer lang, nahm auf seinem Weg zur Ahr aber das Wasser mehrerer Nebenbäche auf, die ebenfalls beachtlich angeschwollen waren. Zunächst sorgte er in dem etwa 2,5 Kilometer unterhalb der Quelle liegenden Dorf Lückenbach für Zerstörungen. Fatal war, dass er dort streckenweise verrohrt verlief. Die Rohre waren bei weitem nicht so dimensioniert, dass sie die Wassermassen fassen konnten. Schlamm und mitgespülte Äste und Steine sorgten dafür, dass die Rohre innerhalb kurzer Zeit verstopften und das Wasser deshalb unkontrolliert durch den Ort floss, bevor es einen Teil der L 73 überflutete und für großflächige Ausspülungen auf den Auenwiesen sorgte.
Die Hahnensteiner Mühle
Mit der Ahrflut vermischt, richtete der Lückenbach schließlich schwere Schäden an der Hahnensteiner Mühle an. Diese Mühle, die bei der Flut mehr als einen Meter tief im Wasser stand, war zuvor eine der wenigen Mühlen im Ahrtal, die noch einen funktionierenden Mühlengraben besaßen. Auch die etwa 500 Meter oberhalb der Mühle liegende Abzweigung des Mühlengrabens von der Ahr wurde samt ihres Wehrs von der Flut zerstört. Das Mühlrad der Hahnensteiner Mühle, deren Türbogen die Jahreszahl 1727 trägt, drehte sich aber schon lange nicht mehr, um Korn zu Mehl zu mahlen, wohl aber, um mit Hilfe einer Turbine Elektrizität zu erzeugen.