Der Verlauf der Flutkatastrophe

Erlebnisbericht G. Schmitz

Kesseling
April 2023
Guido Schmitz

Guido Schmitz, Ortsbürgermeister von Kesseling, berichtet:

Die Flutkatastrophe läutete eine Stunde null für die Einwohnerinnen und Einwohner der Ortsgemeinde Kesseling ein. Zeitweise von der Außenwelt abgeschnitten, kämpften sie allein gegen die größten je gemessenen Wassermassen an.

Das Hochwasser mit seinen hohen Fließgeschwindigkeiten beschädigte ca. 50 Häuser, viele so stark, dass ihre Heizungsanlagen komplett zerstört wurden. Wirtschaftswege wurden zu reißenden Sturzfluten. Ein Geröll aus Gestein und Erde blockierte das Abwassersystem. Der Strom, der Mobilfunk und das Festnetz fielen für mehrere Tage aus. Die Schäden an den privaten Wohngebäuden und der kommunalen Infrastruktur beziffern sich auf zweistellige Millionenwerte. Da keine direkte Bedrohung für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger bestand, mussten diese nicht evakuiert werden.

Bild: Heinz Grates
Bild: Heinz Grates

Die Tage danach verbrachten sie zu einer Schicksalsgemeinschaft zusammengeschweißt mit dem Reinigen und Entschlammen ihrer Häuser und dem Reparieren von Schäden. So türmte sich nach kurzer Zeit ein riesiger Sperrmüllberg auf dem Bolzplatz auf.

In Kesseling entwickelte sich ein Stützpunkt für die unterstützenden Feuerwehren, die zur Sicherstellung der Brandsicherheit in der betroffenen Region mobilisiert wurden.

Mehrere Brände, die durch defekte Elektroleitungen oder andere Gefahrenquellen ausbrachen, wurden durch die schnelle und koordinierte Reaktion der Feuerwehren kontrolliert, sodass weitere Schäden verhindert und zur Sicherheit der Bewohner beigetragen werden konnte.

Auch Mitarbeitende der Verbandsgemeindeverwaltung Altenahr, deren Rathaus in Altenahr komplett geflutet wurde, fanden im Gemeindehaus Kesseling ein neues Zuhause und konnten dort essenzielle Verwaltungsaufgaben ausüben.

Über den 531 Meter über NN gelegenen Steinerberg östlich von Kesseling und südlich von Altenahr wurden Hilfsgüter transportiert und an die Flutbetroffenen an der Ahr verteilt.

Bild: Heinz Grates

Die Solidarität der Bürgerinnen und Bürger kannte keine Grenzen. Viele Menschen engagierten sich in der Fluthilfe, indem sie obdachlos gewordenen Familien von der Ahr schnell ihre freien Wohnungen zur Verfügung stellten, Spenden sammelten oder bei Aufräumarbeiten unterstützten.

Nachdem sich die Lage in Kesseling langsam stabilisiert hatte, wurden Grundstücke für Tiny-Häuser bereitgestellt, die im November 2021 von der Verbandsgemeinde Altenahr aufgebaut wurden und den Flutbetroffenen bis heute ein temporäres, heimatnahes Zuhause bieten.

Die Solidarität der Menschen in der Ortsgemeinde Kesseling und der Umgebung symbolisiert das Beste der Gesellschaft: Zusammenhalt, Füreinanderdasein und Menschlichkeit. Die Spuren der Flut werden noch lange zu finden sein. Aber die Ortsgemeinschaft Kesseling hat gezeigt, dass sie zusammenhält und füreinander einsteht.

Bild: Heinz Grates
Bild: Heinz Grates